Schützt Joggen vor Herzinfarkt?

Schützt aerobes Training?

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25.02.2018

„Fitness“ ist zunächst nichts anderes, als die Menge der körperlichen Arbeit, die Sie verrichten können. Wie viel Arbeit Sie verrichten können, hängt davon ab, wie viel Sauerstoff Ihr Körpergewebe aufnehmen und verwerten kann. Je mehr Sauerstoff Ihr Körper aufnehmen und verwerten kann, desto mehr Arbeit kann er verrichten.

Wenn Sie regelmäßig „aerobes Training“ machen, bewirkt der sogenannte „Trainingseffekt“ physiologische Veränderungen in Ihrem Körper, die es Ihnen erlauben, mehr körperliche Arbeit zu verrichten.

Zu diesen physiologischen Veränderungen gehören ein geringerer Ruhepuls, geringere Herzfrequenz und niedrigerer Blutdruck während maximaler Aktivität sowie schnellere Rückkehr zum Ruhepuls nach einem Training.

Man nimmt an, dass diese Veränderungen einen positiven Effekt auf die Gesundheit und die Lebensdauer haben. Dabei geht es in erster Linie um koronare Herzerkrankungen.

Aerobes Training soll davor schützen.

Wer hat’s erfunden?

Die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und geringerer Wahrscheinlichkeit von koronaren Herzerkrankungen konstatierte, trug den Titel „Coronary Heart Disease and Physical Activity of Work“ von Jeremy N.Morris et al. aus dem Jahr 1953, erschienen in Lancet.

Morris untersuchte 31.000 Krankenakten von Bediensteten im öffentlichen Busverkehr Londons. Er unterteilte diese in 2 Gruppen, nämlich Fahrer und „Conductors“. Fahrer sind die, die hinter dem Lenkrad sitzen. „Conductors“ sind jene, die im Bus die Fahrkarten kontrollieren oder Fahrkarten verkaufen. Sie steigen die Treppen des Doppeldeckers rauf und runter, springen aus dem Bus heraus und wieder herein, helfen älteren Damen beim Einsteigen, kurz: sie sind den ganzen Tag über aktiv.

Das Ergebnis seiner Untersuchung: Die aktivere Gruppe hatte weniger koronare Herzerkrankungen, und wenn doch, dann deutlich später im Leben und weniger schwer. Zudem hatten die „Conductors“ eine höhere Lebenserwartung.

Morris et al. führten diesen Unterschied ausschließlich auf die höhere körperliche Aktivität der „Conductors“ zurück.

Diese Studie gilt als Meilenstein und wird bis zum heutigen Tage als Beweis für die schützende Wirkung körperlicher Aktivität auf das Herz-Kreislaufsystem angeführt.

Dumm nur, dass Morris nur 3 Jahre später diese Studie selbst kritischer betrachtete und auch andere mögliche Erklärungen mit einbezog und feststellte, dass der Unterschied nicht durch die körperliche Aktivität, sondern durch bereits vor Aufnahme der Tätigkeit vorhandene Unterschiede in der körperlichen und psychologischen Konstitution begründet war.

Oder anders ausgedrückt: Die körperliche Aktivität hatte damit gar nichts zu tun. Die „Conductors“ hätten auch dann weniger koronare Herzerkrankungen gehabt, wenn sie die ganze Zeit im Sessel verbracht hätten.

Das verhinderte aber nicht mehr, dass in der Folge reihenweise ähnliche Studien mit ähnlichen Ergebnissen produziert wurden.

Irgendwann in den 70ern formulierte man gar eine „Marathon-Hypothese“, nach der das Laufen eines Marathons absolut vor Herzerkrankungen schützt und das Leben verlängert.

Im Ernst: Manche behaupteten sogar, dass Marathonlaufen unsterblich macht!

Herzinfarkt beim Joggen

Mein liebstes Beispiel ist an dieser Stelle immer Jim Fixx. Jim Fixx war der Erfinder des „Jogging“ und Fachautor mehrerer Bücher über das Joggen und seine schützende Wirkung auf das Herz. Er starb mit nur 52 Jahren an einem Herzinfarkt: beim Joggen.

Das sollte einem klar denkenden Menschen eigentlich schon reichen. Bedenken Sie auch, dass der erste Marathon-Läufer der Welt nach Überbringung seiner Botschaft tot umgefallen ist.

Der bei Wikipedia zu findende Hinweis, der frühe Tod des Jim Fixx hätte mit einem seit Geburt bestehendem Herzfehler zu tun, besagt nicht, dass Jogging doch dolle gesund ist, sondern lediglich, dass Morris et al. mit ihrer Vermutung recht haben, dass es schon vor Aufnahme der körperlichen Aktivität Unterschiede gegeben haben muss.

Alternativen

Es geht nicht darum, dass man gar keinen Sport treibt. Oder man nichts für seine „Fitness“ tun sollte.

Doch, alles mit Augenmaß.

  • Ein Krafttraining – wenn man weiß, was man tut(!) – einmal wöchentlich verbessert Ihre Kardiofitness um ein Vielfaches mehr als Joggen – mit deutlich weniger Zeitaufwand.
  • 10 Minuten Seilspringen ist wesentlich effektiver, als 30 Minuten laufen.
  • Eine Kettlebell schwingen verbessert nicht nur die Ganzkörperkraft, sondern verbessert auch die „Fitness“ –  10 Minuten reichen aus.
  • ÖPNV benutzen: Sie müssen immer wieder spontan hinter dem Bus oder Bahn hersprinten 😉

Zur Lektüre

Sehr interessant ist das in den frühen 80ern  veröffentlichte – aber leider nicht mehr verlegte – Buch eines amerikanischen Kardiologen namens Henry A. Salomon mit dem Titel „The Exercise Myth„.

Das ist nur noch als antiquarisches Buch auf bspw. amazon.de erhältlich.

Sehr spannend zu lesen!

Bildnachweis: Jens Naehler, „Kassel Marathon 2009„, Creative Commons BY-ND 2.0

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