Warum Stress auch gut sein kann

Sympathikus - Parasympathikus

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16.11.2018

Stress ist gut. Stress stößt im Körper eine ganze Menge Reparaturmechanismen an – unter anderem auch das menschliche Wachstumshormon, über das ich ja in einem der letzten Beiträge schon gesprochen habe. 

Nun hört man aber oft, dass Stress krank macht und unbedingt zu vermeiden sei. Wie so oft wird über zwei Seiten der gleichen Medaille gesprochen. 

Lassen Sie mich etwas ausholen. 

Unser vegetatives Nervensystem (auch „autonomes“ Nervensystem, da wir darauf willentlich keinen Einfluss nehmen können) unterteilt man in zwei Einheiten:

  • den Sympathikus
  • den Parasympathikus

Der Sympathikus ist aktiv, wenn wir uns etwa in einer Gefahrensituation befinden. Dann ist unsere Aufmerksamkeit erhöht, der Puls geht schneller, wir sind allgemein aufmerksamer und flucht- oder kampfbereit. 

Der Parasympathikus sorgt für einen Ruhezustand – wir sind entspannt, der Puls verlangsamt sich. 

In einem sympathischen Zustand ist alles auf Überleben gepolt. Das kann so weit gehen, dass man selbst starke Verletzungen gar nicht spürt. Wenn Sie bspw. aus dem Nichts von einem Hund angegriffen werden und flüchten, merken Sie vielleicht erst zu Hause, dass Ihnen die halbe Wade fehlt. Erst dann schmerzt es. 

Das liegt daran, dass Sie zu Hause langsam in einen parasympathischen Zustand wechseln. Erst im parasympathischen Zustand beginnt der Körper mit Heilungsprozessen. Vorher ist Ihnen die Verletzung gar nicht aufgefallen und auf einmal tut es weh. 

Das ist übrigens auch der Grund, warum Sie häufig „ausgerechnet im Urlaub“ oder „ausgerechnet am Wochenende“ krank werden. Vorher hatten Sie eine Menge Stress, eine Heilung konnte nicht stattfinden, weil alles auf „überleben“ stand. Im Urlaub ist nun der Parasympathikus aktiv. Jetzt beginnt die Heilung – verbunden mit den jeweiligen Symptomen. 

Wir können davon ausgehen, dass wir uns evolutionär so entwickelt haben, dass wir den größten Teil der Zeit in einem parasympathischen Zustand verbracht haben. Vielleicht im Verhältnis 80:20 oder 90:10. Stress hatten unsere Vorfahren dann, wenn sie auf Jagd gingen oder von Feinden angegriffen wurden. Das ist so in etwa wie der Job eines Sicherheitsangestellten im Kaufhaus: 90 % ist Langeweile – 10 % ist dann aber richtig Stress. 

Das Problem in unserer heutigen Zeit ist indessen, dass das Verhältnis von sympathischer Aktivierung zu parasympathischer Aktivierung nahezu umgekehrt ist. Die meiste Zeit sind wir unter Stress. Wir machen uns dauerhaft Sorgen um den Job, das Geld und werde dazu von allen möglichen Seiten gegängelt. Eine Heilung kann also nicht stattfinden. 

Was also aus dem Ruder ist, ist das Verhältnis von Stress zu Erholung, von sympathischer zu parasympathischer Aktivierung. Unser Körper ist evolutionär darauf ausgerichtet, kurze Stressphasen und lange Ruhephasen zu haben. Deshalb funktioniert auch High-Intensity Intervall Training (HIIT) so hervorragend. 

Dazu kommt noch, dass sich Stress in unserem myofaszialen Netzwerk niederschlägt, sodass der Großteil der Bevölkerung mit dauerhaft erhöhtem Muskeltonus durch die Gegend läuft. Also dauerhaft schon „in sich“ gestresst ist. 

Eine der wesentlichen Wirkungen der Faszienmobilisation ist, Spannung aus dem Körper zu entfernen. Weil das so ist, können manche Klienten nach einer Sitzung Grippesymptome bekommen. Nicht, weil die Sitzung die Grippe ausgelöst hat. Sondern, weil die daraus entstehende parasympathische Aktivierung die Heilungsprozesse anstößt. 

Gelegentliche Aktivierung des sympathischen Nervensystems fördert also Wachstum und Heilung, während übermäßige Aktivierung eine Heilung nicht zulässt. 

Sorgen Sie also dafür, dass Sie sich überwiegend im parasympathischen Zustand befinden. Dabei kann Ihnen Meditation oder Hypnose oder gewisse Bewegungsschulen helfen.

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