Ihr Körper als dynamisches System

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20.11.2020

„Primum non nocere“, zuallererst nicht schaden, ist ein wichtiger Bestandteil des hippokratischen Eids (oder, wie Homer Simpson einmal sagte, des „hypochondrischen Eids“).

Meine persönliche Interpretation dieses Grundsatzes ist, dass man bestrebt sein sollte, in ein komplexes System so wenig wie möglich einzugreifen.

In der Theorie dynamischer Systeme definiert man ein System als eine Menge von Elementen, zwischen denen es Wechselwirkungen gibt.

Jedes Element hat einen oder mehrere Zustände. Diese Zustände können sich anhand bestimmter Regeln, die zwischen diesen Elementen gelten, verändern. Die Summe aller Zustände bezeichnet man als Zustand des Systems.

Regeln können entweder deterministisch sein („IMMER wenn A, dann B“) oder stochastisch (also der Wahrscheinlichkeit unterworfen: „Wenn A, dann mit einer Wahrscheinlichkeit von X passiert B).

Aus der Systemforschung weiß man nun, dass Systemverläufe selbst bei genauer Kenntnis aller Regeln zwischen den einzelnen Elementen und selbst dann, wenn diese streng deterministisch sind, ein Systemverlauf schwer vorhersagbar sein kein. Man spricht dann auch von chaotischen Systemen. Sind die Regeln des Systems deterministisch, spricht man auch von „deterministischem Chaos“.

Ein sehr bekanntes Beispiel ist etwas das „Game of Life“ von Conway. Obwohl die Regeln in diesem System mit nur 3 Regeln sehr überschaubar sind und zudem diese Regeln auch noch deterministisch sind, ist der Systemverlauf nicht vorhersagbar und es entstehen Dinge, die gar nicht in den Regeln enthalten sind (die Beschäftigung mit diesem Spiel lohnt sich und macht zudem Spaß).

Chaotische System zeichnen sich übrigens dadurch aus, dass sie nur schwer, aber doch ein wenig vorhersagbar sind. Vollständiges Chaos, also komplette Unvorhersagbarkeit, ist ein Sonderfall von Ordnung. Ein Beispiel für ein chaotisches System ist das Wetter. Ein anderes Merkmal chaotischer Systeme ist ihre Empfindlichkeit gegenüber Anfangsbedingungen. Eine nur minimale Abweichung des ursprünglichen Zustands kann zu einem komplett anderen Systemverlauf führen.

Sie können Ihren Körper als ein komplexes, dynamisches System betrachten. Indem es eine Vielzahl von Subsystemen gibt die miteinander in komplexer Wechselwirkung stehen, wobei es vermutlich eine Mischung von deterministischen und stochastischen Regeln gibt.

Der alte Hippokrates war sich vielleicht der Komplexität dieses Systems vollkommen bewusst. Wenn Sie in diesem ohnehin komplexen Gefüge etwas verändern, dann sind die Folgen dieser Änderung möglicherweise nicht vorhersehbar. Nehmen wir als Beispiel die Einnahme von regelmäßig einzunehmenden Medikamenten. Niemand kann Ihnen sagen, wie exakt bei IHNEN dieses Medikament auf Dauer wirkt. Das ist vielleicht grob im Mittel bekannt, doch hängt die Wirkung auch von Faktoren wie Ernährungszustand, metabolischer Zustand, hormonelle Lage, Tageszeit und vielen anderen Faktoren ab. Somit ist eine konkrete Vorhersage über den „Systemverlauf“ in Ihrem konkreten Fall schwer zu treffen. Kommen dann noch Medikamente zum Ausgleich von sog. „Nebenwirkungen“ (die in Wirklichkeit Wirkungen sind, jedoch nicht die beabsichtigten) hinzu, dann geraten Sie in das, was man in Anlehnung an einen Begriff des Ökonomen Ludwig von Mises als „Interventionsspirale“ bezeichnen kann.

Sie haben es gewagt, ein komplexes, dynamisches System zu beeinflussen.

Damit will ich nicht sagen, dass immer und in allen Fällen eine solche Vorgehensweise ungerechtfertigt wäre (letzten Endes muss das jede(r) für sich entscheiden), doch sollte man diese Tatsache im Hinterkopf behalten.

Deshalb arbeiten wir in der Faszientherapie mit der Idee, dass wir gar nicht intervenieren, sondern den Körper sich selbst organisieren lassen. Mehr machen wir gar nicht. Erfahrungsgemäß bewirkt auch ein zu starkes „Wollen“ meistens das Gegenteil des Beabsichtigten.

Wie zuvor erwähnt, denke ich, dass das vielleicht der zugrunde liegende Gedanke des „Primum non nocere“ ist.

Im Grunde ist das ein alter Hut, den Sie bereits im mehr als 2000 Jahre alten Tao Te King finden (dessen Lektüre ich Ihnen ans Herz lege – eine der schönsten Übersetzungen finden Sie hier).

Mit einem Zitat aus dem Tao Te King des Lao Tze verabschiede ich mich für heute:

„Eingreifer zerstört. Zugreifer verliert.

Darum der Berufene also:

Er greift nicht ein, Darum zerstört er nicht;

Er greift nicht zu, Darum verliert er nicht. …

Er stützt das Sosein der zehntausend Wesen

Und wagt nicht einzugreifen.“

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Bildnachweis Headvisual: Kevin Dooley, „Ultra Fractal„, flickr.com – CC BY 2.0