11.05.2018
Sie kennen es sicherlich auch: Wenn Sie lange im Auto oder Flugzeug gesessen haben, oder morgens aufwachen, dann recken und strecken Sie sich erst einmal, damit Sie sich wieder geschmeidig fühlen können, um in Gang zu kommen.
Manchmal haben Klienten das Gefühl, dass sie in einem bestimmten Bereich ihres Körpers dauerhaft „steif“ sind, bspw. an der Rückseite der Oberschenkel. Schaue ich mir diese Gewebestrukturen aber an, so kann ich manchmal nicht feststellen, dass das Gewebe nicht sonderlich hart ist. Auch ist der Bewegungsumfang oft in keinster Weise eingeschränkt. Und doch hat der Klient das Gefühl der Steifigkeit.
Zunächst einmal muss man feststellen, dass es sich bei der wahrgenommenen Steifigkeit um ein Gefühl handelt. Dieses Gefühl muss nicht zwingend mit tatsächlichen Gewebeveränderungen zu tun haben. Das bedeutet auch nicht, dass diese Klienten mächtig einen an der Waffel haben 😉 .
Über diese Frage haben sich auch einige Forscher Gedanken gemacht und ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht. Die Autoren haben sich zwar primär für chronische Rückenschmerzen interessiert, jedoch sind die Erkenntnisse auch auf andere Körperbereiche übertragbar.
Sie haben sich gezielt Menschen genommen, die über Rückensteifigkeit klagten, bei denen aber keine objektive Gewebeveränderung vorlagen. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass solche Menschen oft mit einer sehr guten Fähigkeit ausgestattet sind, Veränderungen einwirkender Kräfte zu erkennen, diese aber massiv überschätzen. Die gefühlte Steifigkeit fungiert als ein Schutzmechanismus. Gab man ihnen nun die Möglichkeit Kräfte objektiv einzuschätzen (in den Experimenten wurde das erreicht, indem man Krafteinwirkungen über auditorischen Input rückmeldete), dann löste sich gewissermaßen dieser Schutzmechanismus auf und die gefühlte Steifigkeit verschwand.
Diese wahrgenommene Steifigkeit ist ein Mechanismus des Körpers uns darauf hinzuweisen, dass etwas nicht stimmt. Dies aber in einer frühen Phase, in der diese Wahrnehmung noch kein Schmerz ist. Was man bei wahrgenommener Steifigkeit ja intuitiv (und wie ich vermute auch richtig) macht, ist, dass man sich bewegt und dehnt (gut ist übrigens auch schütteln, da das den Muskeltonus senkt). Unser Körper fordert uns praktisch zum Bewegen auf. Vielleicht, weil bestimmte Bereiche nicht mehr richtig versorgt werden oder Ähnliches.
Wahrgenommene Steifheit ist also eine Art Frühwarnsystem. Es warnt schon vor Gewebeveränderungen, bevor sie da sind.
Bildnachweis: Chris, „Cliffy-Stretch„, Creative Commons BY-SA 2.0
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