Der betrogene Patient

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15.07.2019

Der betrogene Patient“ lautet der Titel eines Buches von Gerd Reuther, seines Zeichens selbst praktizierender Mediziner (oder sollte man besser sagen: Arzt?).

Schonungslos nimmt Reuther das herrschende Medizinsystem auseinander und gießt dabei reichlich Wasser auch auf meine Mühlen.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an meinen Beitrag „Funktionieren Operationen?“ in dem ich darüber sprach, dass Operationen zur Behandlung verschiedener Symptome nicht Placebo-getestet werden. Man weiß also nicht, ob auch ohne Operation der gleiche Heilungsverlauf stattfinden würde.

Reuther ist ein vehementer Vertreter einer evidenzbasierten Medizin – bedeutet also, bevor eine Behandlung an einem Patienten vorgenommen wird, muss die Behandlungsmethode in randomisierten klinischen Kontrollstudien (RCTs – randomized controled trials) zweifellos Ihre Wirkung bewiesen haben (lesen Sie dazu auch noch mal meinen Beitrag „So ordnen Sie wissenschaftliche Studien richtig ein“).

Wenn Sie das Buch lesen, werden Sie sich wundern, wie viele Methoden angewendet werden, deren Wirksamkeit in keiner klinischen Kontrollstudie nachgewiesen wurde.

Das Buch führt einem wunderbar vor Augen, dass man als „Patient“ gut beraten ist, die Verantwortung für die eigene Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen und keinem anderen zu überlassen. Reuther gibt dem herrschenden Medizinbetrieb eine ordentliche Klatsche, wenn Sie mir den saloppen Ausdruck erlauben.

Im Folgenden finden Sie einige Zitate aus dem Buch, die bei mir besonders heftiges Kopfnicken verursacht haben (da gibt es noch mehr, aber ich wollte nicht das Buch abtippen).

„Dass wir immer älter werden, verdanken wir nicht dem Fortschritt der Medizin. Bereits seit 150 Jahren erhöht sich das Lebensalter pro Jahrzehnt um circa 2,5 Jahre. Weit länger, als die Medizin die Sterblichkeit hätte verringern können. Aber auch im 20. Jahrhundert haben die Meilensteine der modernen Medizin den Verlauf der Lebenserwartung nicht erkennbar beeinflusst. Die demografische Alterung resultiert heute daraus, dass die weltkriegsbedingt schwächeren Jahrgangsstärken im Sterbealter sind, wodurch einfach weniger Menschen sterben und rechnerisch die Lebenserwartung steigt.“

„Wer länger Patient ist, dessen individuelles Krankheits- und Sterberisiko steigt auch durch medizinische Behandlungen. Quecksilber und Aderlass waren gestern, immunsuppressive Medikamente, die körpereigene Reparaturvorgänge beeinträchtigen, und Blutverdünner sind heute in wenigen Fällen von Nutzen.“

„Die Krankheitskosten sind von 2 Milliarden D-Mark im Jahr 1950 in der Bundesrepublik Deutschland auf sage und schreibe 328 Milliarden Euro in Gesamtdeutschland (noch ohne Lohnfortzahlung, vorzeitige Renten und verlorene Arbeitstage) explodiert“.

„Oft wäre die Zeit – mit einer über Jahrmillionen entwickelten Selbstheilung – eine bessere Verbündete der Ärzte als die therapeutischen Möglichkeiten der industriellen Pharmazie und modernen Chirurgie.“

„Lebenslange Medikationen, die nach Jahren noch ihre  Wirkung behalten (zum Beispiel Blutverdünnung, Schilddrüsenhormone) sind … die Ausnahme. Der Wirkungsverlust einer Therapie bei längerer Anwendung ist der weit häufigere Fall als die Wirkungskonstanz. … Hierzulande so beliebte Dauertherapien sind ein in keiner Weise evidenzbasiertes Dogma der Medizin, das nur der Pharmaindustrie, aber kaum je dem Kranken dient.“

„Für etwa ein Viertel der am Markt befindlichen Hüftprothesenmodelle ist ein Patientennutzen nicht belegt. Die operative Vernähung von Bändern und der Bandersatz sind allenfalls kurzfristig besser als die Spontanheilung. Patienten mit einseitigem Schlaganfall, Netzhautinfarkt oder kurzzeitiger Durchblutungsstörung und gleichseitiger Einengung oder Verschluss an den zuführenden Arterien erhielten weltweit bis 1985 einen Bypass zwischen einer Schläfenarterie und der wichtigsten hirnversorgenden Arterie am Schädel. Die Operation, ähnlich der Bypassoperation am Herzen, erwies sich in einer RCT-Studie mit über 1000 Patienten der bestmöglichen konservativen Therapie durch Blutverdünnung nicht überlegen.“

„Bei 16 Millionen Operationen jährlich ist nach fünf Jahren die gesamte deutsche Bevölkerung statistisch einmal operiert worden. Je risikoärmer und einfacher der Eingriff, umso schneller wird operiert, obwohl es sich immer um eine Körperverletzung mit akuten und chronischen Gesundheitsrisiken handelt.“

„Die Zahl der Bandscheibenoperationen erhöhte sich von 2006 zu 2014 um 12 % trotz unveränderter Häufigkeit des Krankheitsbildes; sie werden fünfmal so häufig wie in Frankreich durchgeführt. Die Bilanz eines Zweitmeinungsportals ergab, dass zwei Drittel der orthopädischen Eingriffe abwegig waren. Nur in 20 % der Fälle konnte die Indikation bestätigt werden. Dies deckt sich mit den Zahlen der Kaufmännischen Krankenkasse Halle (KKH): Nach Einholung einer Zweitmeinung waren 81 % der geplanten Eingriffe mehr als ein Jahr später unterblieben.“

„‚Gelenkschmerzen‘ führen unter Orthopäden und Unfallchirurgen fast unweigerlich zu einer Spiegelung (Arthroskopie). Jedenfalls dann, wenn das Gelenk einfach zugänglich ist (Knie, Schulter). Bei gleicher Beschwerdesymptomatik am Ellenbogen- oder Handgelenk sieht es schon anders aus – nur wenige Kollegen verfügen über eine Expertise. Dies gibt zu denken. Studien bescheinigen Arthroskopien bei degenerativen Gelenkveränderungen spätestens nach sechs Monaten keinen Vorteil gegenüber einem Behandlungsverzicht. Allenfalls in Einzelfällen profitieren Menschen mit degenerativen Meniskusläsionen im Vergleich zu Scheineingriffen oder Physiotherapie.“

„Knorpelglättungen reduzieren die Zahl späterer Prothesen am Kniegelenk nicht – trotz unvermeidlicher, potenziell tödlicher Risiken wie Infektionen, Venenthrombosen und Lungenembolien.“

Ich könnte hier jetzt noch so weiter machen. Reuther geht auch auf die Sinnlosigkeit von Krebs-Screenings ein (Mammografie, PSA-Messung).

Absolut empfehlenswerte Lektüre (hier bei Amazon).

Bildnachweis: Cory Doctorow, Hip-X-Ray, CC BY-SA 2.0

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