20.07.2018
Der Kabarettist Volker Pispers hat einmal gesagt, man möge sich einmal vorstellen, was passiert, wenn morgen alle Angestellten, Krankenschwestern und Ärzte tot umfielen. Und nun stelle man sich vor, morgen würden alle Politiker und Bänker tot umfallen. Wen würden Sie mehr vermissen?
Die Vorstellung, dass es morgen plötzlich keine Ärzte mehr gibt, ist für viele eine absolute Horrorvorstellung. Genau deswegen ist es Ärzten ja auch nicht erlaubt, zu streiken.
Doch was passiert, wenn sie es doch einmal tun?
Tatsächlich hat es in den vergangenen 50 Jahren schon Streiks von Ärzten gegeben. Was dann passiert ist, ist durchaus interessant (das folgende Zitat ist ein Auszug aus dem Buch „Trick and Treat“ von Barry Groves. Ich habe eine grobe Übersetzung vorgenommen.):
„Ärzte streiken nicht oft, aber es ist schon oft genug passiert, dass ein beunruhigender Trend zu beobachten ist. In den seltenen Streiks – in mehreren Ländern – ist die Sterblichkeitsrate stets gesunken. Im Jahr 2000 traten israelische Ärzte, die in öffentlichen Krankenhäusern beschäftigt waren, in einen Arbeitskampf. Dazu gehörten die Streichung von ambulanten Aufnahmen und die Verschiebung aller Routineoperationen. Und diese begrenzte Streikaktion hatte einige ungewöhnliche Konsequenzen. Während des Streiks sanken in ganz Israel die Sterbezahlen. In der Küstenstadt Netanya gibt es nur ein einziges Krankenhaus, dessen Mitarbeiter in ihren Verträgen eine Streikverbots-Klausel hatten. Infolgedessen arbeiteten die Ärzte in Netanya weiterhin normal – und die Sterbeziffern blieben hartnäckig gleich und spiegelten nicht den Rückgang wider, der in fast allen anderen Teilen des Landes zu beobachten war. Und es war nicht das erste Mal, dass Ärzte in Israel 1973 in den Streik traten und ihre täglichen Patientenkontakte von 65000 auf 7000 reduzierten. Der Streik dauerte einen Monat, und während dieser Zeit sank die Sterblichkeitsrate nach Angaben der Jerusalemer Bestattungsgesellschaft um die Hälfte.
Das passiert nicht nur in Israel. In den 1960er-Jahren streikten Ärzte in Kanada und die Sterblichkeitsrate sank.
1976 weigerten sich die Ärzte in Bogota, Kolumbien, über einen Zeitraum von 52 Tagen alle Fälle bis auf Notfälle zu behandeln, und in dieser Zeit sank die Sterblichkeitsrate um 35 %. Im selben Jahr sank die Sterblichkeitsrate um 18 %, während die Ärzte in Los Angeles „langsamer“ arbeiteten. Nach dem Streik sprangen die Sterbeziffern für mehr als fünf Wochen auf 3 % über den Normalwert.
Es ist ein Standardwitz unter Kardiologen, dass die Sterblichkeitsrate während ihrer Konferenzen sinkt, weil weniger von ihnen versuchen, durch gefährliche Operationen sterbende Patienten zu heilen. Ihre Behandlung kann schlimmer sein als die Krankheit. Es mag daher nicht verwundern, dass in einem großen Bericht australischer Mediziner die Frage gestellt wurde: „WILL MORE DOCTORS INCREASE OR DECREASE DEATH RATES?“. Der Bericht, der von Wissenschaftlern des Centre for Health Program Evaluation verfasst wurde, stellte die Hypothese auf, dass ein Anstieg der Todesraten in diesem Land durch einen Anstieg der Anzahl der Ärzte verursacht wurde. Obwohl sich der Bericht nur mit der Situation in Australien befasste, gibt es starke Hinweise darauf, dass diese Frage auch in vielen anderen entwickelten Ländern behandelt werden muss….“
Es könnte ja sein, dass es manchmal besser ist, wenn man nichts tut. Und nicht jede Operation, die stets einen lebensgefährlichen Eingriff darstellt, ist zwingend notwendig. Jede Operation hat stets auch starke Auswirkungen auf das Fasziennetz.
Auf die Sinnhaftigkeit mancher Operationen gehe ich in den nächsten Beiträgen einmal ein.
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